Hundeerziehung auf Französisch…

18 Jul

„Wie geht’s mit Alfred?“ fragte mich Anita vor ein paar Wochen im Club. „Wir können ja mal wieder zusammen spazieren gehen, oder?“

„Ja, klar“, sagte ich, sie ist ja echt ein süßes Mädel mit viel Hundeverstand und es ist Sommer…

„Springt er noch Leute an, zieht er? Rennt er einfach weg?“ fragte sie.

„Ja“, gab ich zu.

„Dann schau mal da“, sie zeigte mir eine Zeitungsannounce in der stand:

„Ihr Hund spring Leute an, zieht und rennt einfach weg? Kommen Sie zu uns, in das Hundeerziehungsland im Elsaß“. Daneben ein Foto von einem Mann mit fünf Hunden, die brav um den Meister herum saßen. „Philippe’s Hundewelt“ stand da noch, und eine Adresse.

Ich habe daraufhin Philippe angerufen und er fragte mich am Telefon:

„Willst Du, dass der Hund weiß, wer ist Chef?“

„Ja, klar“, murmelte ich und buchte den Super-Basic-Intensivkurs 1c. Der Unterricht findet zwar fast eine Stunde von Freiburg entfernt in Frankreich statt, aber vielleicht gibt es ja revolutionäre neue Erkenntnisse aus dem LAnd der Revolution…

Seit drei Wochen sind wir nun bei Philippe im Unterricht. Außer uns noch vier andere Hunde, allesamt aus Deutschland, darunter Gismo, ein Großer Schweizer, der alle dominieren will. Die französischen Hunde scheinen nicht so problematisch zu sein…

Das erste, was Philippe sagte, als er Alfred und mich sah: „Nimmst Du Retrieverleine nächstes Mal, dann weiß Hund den Chef“. Ich hatte das nicht ganz verstanden, aber es gibt tatsächlich solche Leinen, bei denen man sich das Halsband spart.

„Das machst Du weg und das machst Du richtig“, war der Kommentar bei meinem zweiten Besuch. Bei der ersten Bemerkung meinte er einen Ring, der verhindern soll, dass die Retriever-Leine zu eng wird, und bei der zweiten meinte er die Art und Weise, wie man einen Hund richtig anleint. So ganz hatte ich das nicht kapiert, was mir heute wieder einen Anpfiff von Philippe einbrachte mit dem kryptischen Hinweis: „Du hängst Hund!“ Barbara, die mit einem normal angeleinten Airdeale Terrier neben mir stand, zeigte mir wie es geht. Ich fand keinen Unterschied zu meiner Art, ihn anzuleinen, aber ich sagte nichts, zumal auch Philippe zufrieden war. Vielleicht gibt es da einen speziellen Code unter Retrierverleinenanhängern???

„Kaufst Du Pfeife!“, hatte Philippe auch gesagt.

„Warum?“

„Weiß Dein Hund Bescheid!“

Jetzt, nach dem dritten Unterrichtstag muss ich zugeben: die Pfeife funktioniert, der Hund weiß Bescheid.

Einmal Pfeifen heißt „Sitz“, zweimal bedeutet „Komm“ und wenn man auf der anderen Seite hineinbläst bedeutet das „Platz“, wobei Alfred „Platz“ hasst wie die Pest und den Befehl nur angesichts mehrerer Tuben Leberwurst unter Protest ausführt. Jonathan fand die Pfeife auch toll, wollte sie gleich mit zum Fußballplatz nehmen – ich habe beiden verboten, hineinzublasen um dem Hund sein Training nicht zu erschweren.

„Sitz“ und „Komm“ funktionieren, wie gesagt ganz gut. Vielleicht ist Philippe ja doch der perfekte Ausbilder. Obwohl ich nach wie vor etwas skeptisch bin, denn Philippe geht nicht gerade zimperlich mit den Hunden um. Er sagt „Sitz“, und während Alfred noch gemächlich über den Sinn dieses Befehls nachdenkt, drückt er ihn auf dem Hinterteil hinunter. Er sagt „Platz“, und während Alfred sich gemütlich nach einem angenehmen Plätzchen für diese schier unlösbare Aufgabe sucht, schnappt er sich den Doodle und wirft ihn hin wie ein Ringer auf den Rücken…

Heute stand Gruppenarbeit auf dem Programm. Die Hunde stellen sich der Reihe nach auf, und dann geht jeder mit seinem Vierbeiner an den anderen vorbei. Und alle sollen sich gesittet verhalten. „Du machst Spaziergang ohne Stress vorbei an die Hunde“, befiehlt Philippe. Alfred zieht wie verrückt. Der Schweizer Sennenhund knurrt gefährlich. Philippe schüttelt den Kopf, er nimmt sich Alfred und marschiert mit ihm fröhlich an allen Hunden vorbei. Alfred macht keinen Mucks, er verhält sich mustergültig.

„Jetzt Du“, sagt Philippe. Alfred zieht los.

Ich frage mich, warum mich mein Hund immer zum Trottel machen muss. Glücklicherweise haben wir den Großen Schweizer Sennenhund in der Gruppe, der alle anderen Hunde hasst und vernichten will und sein zierliches Frauchen nahezu nach Belieben durch die Rheinauen zieht, sonst wären wir beide das schlechte Beispiel der Truppe. So können wir immer noch sagen, Gottseidank benimmt er sich nichts so wie Gismo…

Zwischendurch gibt Philippe recht nützliche Tipps, wie heute, als wir über eine Eisenbahnbrücke gegangen sind. Alfred hatte Angst vor den Zügen, auch weil die Brücke immer etwas vibrierte. „Gehst Du leise zu lauten Plätzen“, sagte Philippe, „gewöhnst Du ihn. Du musst cool bleiben und dann weiß Hund Du bist der Chef“.

Naja, kann ich ja mal probieren…

Schlaflose Nächte mit dem Goldendoodle

13 Jun

Mitten in der Nacht kam Jonathan in unser Schlafzimmer mit der etwas unklaren Meldung: „Alfred macht Häufchen vorne raus“.

Vom Gang her hörte man ein schreckliches Würgen. Irene sprang auf und schrie leicht hysterisch: „Mach was“. Tja. Leicht gesagt. „Und was?“ wollte ich wissen. „Wir können den Notarzt rufen,“ sagte Jonas, der auch sofort aus seinem Zimmer gekommen war und die nächtliche Schlafunterbrechung durchaus genoss. „Vielleicht wurde er vergiftet!“ meinte Irene, „tue doch endlich was“.

„Vielleicht einen Tierarzt rufen?“

„Um diese Zeit?“, Irene schüttelte den Kopf.

„Aber ich könnte Anita anrufen, mit der war ich ja…“ Ups, plötzlich merkte ich, dass ich auf sehr gefährliches Terrain abgerutscht war. Und prompt kam die Frage: „Mit der warst Du was?“ „Äh, nichts“, sagte ich, – was jetzt nicht sonderlich intelligent war angesichts der laufenden Vernehmung. „Mit der Du warst Du was???“ wollte Irene wissen. „Mit der war ich in einem ….. Meinungstausch, also., äh Austausch…, also, wenn mich nicht alles täuscht…“

Irenes Blick war vernichtend. „Wer ist das?“ „Die Empfangsdame vom Fitness-Studio“: „Ahja, und die kannst Du mitten in der Nacht anrufen? Warum? Was kann die?“ „Naja“, sagte ich, „die hat einen Hund“. „Toll“, sagte Irene sarkastisch, „das ist natürlich ein Argument. Wo es doch so wenig Hundebesitzer gibt…“

‚Glücklicherweise‘ begann Alfred jetzt wieder zu Würgen.

„Jetzt mach was. Mach’s weg!“ Ich ging in den Keller, holte einen Eimer und ein altes Tuch und ging zu Alfred. Es war nichts zu sehen.

„Er hat das Häufchen geschnappt“, berichtete Jonathan, der als Augenzeuge vor dem Doodle sitzend alles miterlebt hatte.

Kaum war ich im Bett, ging es wieder los. Dieses Mal lag das Ergebnis offensichtlich vor uns. Danach hatte ich einen unruhigen Schlaf. Irene auch. Und Alfred trottete dauernd schwer seufzend von einem Zimmer in das andere. Jedenfalls lebt er noch, dachte ich.

Vielleicht war das doch keine so gute Idee, sich einen Hund anzuschaffen.

Alfreds Macken – Goldendoodles Erziehung

5 Jun

Es sind genau vier Sachen, die nerven: Alfred zieht an der Leine, Alfred springt Leute an, Alfred knabbert alles an (außer den Hunde-Knabberspielsachen und Knochen aller Art, die wir ihm hinlegen) und er wetzt los, wenn er nicht an der Leine ist und andere Hunde sieht.

Wenn der Hund an der Leine zieht – so Paul der Hundetrainer – „stehen bleiben, bis sich die Leine entspannt hat, oder einfach umdrehen und in die andere Richtung laufen“. Das mache ich seit Wochen. Konsequent. Aber – es nützt nichts. Er zieht. Fremde springt er grundsätzlich an. Ja gut, das machen Welpen, weil sie an das Maul der Mama wollen, schon klar. Das Blöde bei dieser Geschichte ist, dass viele Leute auf meine pädagogischen Eingriffe an der anderen Ende der Leine nur sagen – ach, lassen Sie ihn doch, der ist ja so süß. Manche fordern Alfred geradezu heraus mit dem sinnigen Spruch „Ich mag Hunde“.

Wenn wir Besuch bekommen rennen Irene oder ich an die Tür und bitten die Gäste, Alfred im wahrsten Sinne des Wortes „links liegen“ zu lassen. Auch das klappt nur selten, weil alle den Hund „so süüüüüüß“ finden…

Und das Knabbern: Mittlerweile haben wir ein kleines Arsenal unterschiedlichster Hundeknochen ( mit so sinnigen Aufdrucken wie „1 Stunde Kauspaß“ oder „Von wahren Büffeln für richtige Hunde“, Oder: Neue Mischung: Gut für Hund und Zähne“). Die will Alfred nicht. Auch wenn wir ihn locken und die Knochen verstecken, um sie interessant zu machen: Die will Alfred nicht. Alfred will Schuhe und Zebras. Zebras aus Jonathans Schleichtier-Zoo. Manchmal kommt er auch mit einem kleinen Löwenbaby um die Ecke. Dann sind alle ganz aufgeregt und brüllen: Alfred nein – und Alfred freut sich, dass die Familie sich so um ihn kümmert…

Goldendoodles Abschied von der Hundeschule

28 Mai

Wieder so viele Hunde. Wieder das gleiche Procedere: Herrchen oder Frauchen betritt zuerst die Wiese, Hund kommt hinterher. Dann: Freies Spielen und mit spitzen Zähnchen aufeinander los gehen. Dann einfangen. Dann eine Übung. Dazu kam Paul, der Hundetrainer, mit einem klapprigen Bollerwagen um die Ecke. „Da setzen wir den Hund rein und ziehen ihn bis an das Ende der Wiese“. Alfred hatte kein Problem damit. Er betrachtete die Welt und die vierbeinigen Mitschüler aus dem holpernden Gefährt. „Bravo“ sagte Paul, „der nächste“.

Durch die große Anzahl von Hunden dauerte die Aktion lange. Alfred bewegte sich unruhig, ihm war sicher langweilig. Es war heiß. Alfred setzte sich. Alfred legte sich. Alfred sprang auf, weil der Bollerwagen vorbei kam, Alfred setzte sich… Man kann seine Zeit auch sinnvoller verbringen.

Nach 20 Minuten – die zweite Übung. „Jetzt testen wir mal, ob bereits eine Bindung zwischen Euch und Eueren Hunden besteht“, sprach Paul, der Hundetrainer. „Legt die Hunde mal ab“. Das klingt super professionell: Legt die Hunde ab. Alfred wollte sich nicht ablegen, er wollte etwas erleben. Ich versuchte ihn umzuwerfen, packte ihn an den Beinen und legte ihn auf den Rücken wie einen Ringer. Er war verdutzt und lag.

Zuerst übte Sylvias Labrador. Paul ging zu ihm hin und Sylvia musste einige Meter nach hinten gehen. Dann sollte sie ihn rufen und er sollte kommen. So die Theorie. Und auch die Praxis – der Labrador stand auf und rannte zum Frauchen, das ihn mit quickender Stimme gerufen hatte. „Toll“, sagte Paul. Der Dackel, der als zweiter Kandidat antrat, marschierte in Schlangenlinien auf sein Frauchen zu. Der kleine Boxer hatte keine Lust und blieb liegen. Ein anderer Hund schleppte sich mühsam die paar Meter entlang.

Jetzt waren wir dran. Alfred war wieder aufgestanden und ich war dabei, ihn wieder abzulegen. Paul, der Hundetrainer, stand neben mir und schüttelte den Kopf, als ich versuchte, dem Goldendoodle wieder die Beine weg zu ziehen. „Da muss wohl noch an dem Grundgehorsam geübt werden“, meinte er. „Deswegen bin ich ja eigentlich da…“, murmelte ich.

Dann ging ich einige Meter zurück, was Alfred mit einem leichten Unbehagen zur Kenntnis nahm. Dann rief ich ihn. Dann stürmte Alfred los. Er nahm ein gewaltiges Tempo auf, rannte auf mich zu. Ich war stolz. Blöderweise raste Alfred aber blitzschnell an mir vorbei, flitzte durch den kleinen Spalt zwischen Tür und Zaun und raste fröhlich wedelnd hinüber zu der anderen Übungstruppe. Auf der Wiese nebenan waren gerade die „Großen“ beim Training, sechs Hunde lagen einträchtig neben einander und sollten zeigen, dass sie sich durch nichts ablenken lassen. Die Übung war abrupt vorbei, nachdem alle losstürmten, um den fröhlichen Alfred einzufangen, was auch schnell gelang. Den Doodle unter sechs großen Hunden hervorzuziehen war dagegen deutlich schwerer…

Die anderen Hundehalter sahen mich missbilligend an.

Ich hatte genug von der Hundeschule…

Mit dem Goldendoodle unterwegs

22 Mai

Das Wetter war schön. Etwas schwül vielleicht. Aber leider nicht so schwül, dass Anita im Superminioutfit gekommen wäre, was ich schon etwas bedauerte. Ihre Hündin jedenfalls war der Knüller. Sie gehorchte aufs Wort, ging souverän mit allen Situationen um und spielte sogar ein wenig mit Alfred. „Das macht sie eigentlich selten“, sagte Anita, „spielen hat sie nicht gelernt.“

Nachdem sich die Vierbeiner ausgiebig begrüsst hatten, gingen wir zusammen an der Dreisam entlang, die Hunde liefen jetzt entspannt nebeneinander. Ich erzählte von den Erfahrungen in der Hundeschule. „So viele Hunde sind viel zu viel. Das macht den Welpen eher Stress. Besser wären weniger Hunde und ein konzentriertes Arbeiten“. „Finde ich auch“, sagte ich, obwohl mir nicht ganz klar war, wie ich mit Alfred konzentriert arbeiten soll.

„Was ist das eigentlich“, fragte sie mit Blick auf meine Leine. „Toll, gell“, sagte ich, „das ist ein Highend-Modell, direkt aus Australien. Die haben da die Dingos an der Leine und gehen so auf die Jagd. Die Leine hat 10 Meter und ist super reißfest und unkaputtbar… „Ich würde die nicht nehmen“, antwortete Anita.

„Hä?“

„Schau mal, bei dieser Leine spürt Alfred konstant einen Zug am Hals. Bei der normalen Leine merkt er, wenn er entspannt gehen soll. Und wenn es etwas zieht, wird er lernen, langsamer zu gehen, bis der Zug weg ist. Aber mit dieser Leine hat er immer einen Zug am Hals, selbst wenn er langsam neben Dir geht. Nicht gut. Woher soll er wissen, welches Tempo er gehen soll. Du musst eher eine…“

Weiter kam sie nicht, weil Alfred gerade im Begriff war, eine ältere Frau anzuspringen. „Ist der süß“, sagte die auch noch, während ich versuchte, den Burschen zu mir her zu ziehen was etwas schwierig war, weil sich die Leine um das Fahrrad gewickelt hatte, das die Frau schob. Anita half mir, das Knäuel zu entwickeln. Die Frau nahm den Angriff Alfreds nicht übel.

Wir gingen über die Brücke und redeten noch ein wenig über den Mordfall, der sich ein paar Meter weiter ereignet hat. „Ich finde den Alfred sehr nett“, sagte Anita zum Abschluss, „pass’ auf, dass er so bleibt.“ „Ich finde dich auch nett“, murmelte ich und war froh, dass sie es nicht gehört hatte…

Alfred hat immer noch die zwei Unarten, die wohl viele Welpen haben – er springt alle Leute an, und er schleppt alles an, was in der Wohnung nicht niet und nagelfest ist. „Du musst ihm sofort Alternativen bieten“, hatte Anita geraten. „Gib ihm immer etwas zu kauen, der braucht das, weil er bald Zähne bekommt“.

„Er hat doch genügend Zähne“, entgegnete ich. „und was für welche“…

In der Hundeschule – Goldendoodles zweite Schulstunde

16 Mai

 Jetzt waren noch mehr Hunde in der Hundeschule, insgesamt 14 Vertreter aller Hunderassen. Wie gehabt – zuerst spielen. Weil ich etwas zu spät war, habe ich mich beeilt und prompt einen Rüffel von Paul, dem Hundetrainer eingefangen. „Wer geht zuerst auf die Wiese?“, schnauzte er sofort. Aber Alfred war schon in einem Knäuel spielender Hundeleiber untergetaucht. Ich versuchte, ihn am Halsband zu schnappen und heraus zu ziehen, was am Anfang schwierig war. Nach einiger Zeit und ein paar Spurts über die matschige Wiese gelang es mir, Alfred unter einem knurrenden Beagle hervor zu ziehen.

„So, jetzt raus und wieder rein“, befahl Paul der Hundetrainer.

Eigentlich wollte ich am liebsten nach Hause…

Brav trottete ich vor Alfred auf das nasse Feld. Dann ließ ich ihn los und er rannte in die Ecke, wie der Boxer in der Kampfpause. Sofort stürmte ein Großteil der Herde auf ihn los. „Sind die nicht süüß?“, ah ja, die Frau mit dem Dackel war auch wieder da. Ich muss sagen, ich kriege gar nicht so viel mit. Die Hunde rasen über den Acker, entweder hopst einer oder mehrere auf Alfred oder Alfred versucht offensichtlich, einem anderen die Kehle durchzubeißen. Wenn es sich zu arg knäult, rennt Paul, der Hundetrainer hin und schimpft kurz. Was auf mich ja Eindruck macht, aber die Hunde zunehmend kalt lässt…

Nach einiger Zeit wurden die Gruppen wieder getrennt. „Alle anleinen“, sprach Paul.

Ich suchte Alfred. „Bitte Hunde anleinen“, wiederholte Paul. Da sah ich Alfred. Er saß mitten auf der Wiese und versuchte sich zu lösen. Blöderweise hatte ich keine Tüte dabei… Ich fragte Sylvia, die Frau mit dem Labrador, die mir beim letzten Mal schon mit Leckerlies ausgeholfen hatte… Ich wartete bis Alfred sein Geschäft erledigt hatte. Und alle sahen mir zu.

Irgendwie hatte ich eigentlich keine Lust mehr auf Hundeschule und solche peinlichen Momente. Aber da bemerkte ich, dass außer mir fast nur Frauen da waren. Drei Männer und 11 Frauen. Wo findet man sonst ein solch ausgeglichenes Verhältnis der Geschlechter… Und was die können, kann Alfred und sein Superherrchen allemal…

„Ein wenig Theorie“, sagte Paul plötzlich, als alle im Kreis standen und die Hunde unruhig an der Leine zogen. „Was wollen wir eigentlich mit der Hundeschule erreichen?“. Die Antworten waren spärlich, aber alle ähnlich: Dass der Hund nicht an der Leine zieht, Nachts durchschläft, die Schuhe, Mäuse, Rehe, Hasen und sonstiges Getier in Ruhe lässt, keine Kinder anfällt und nur in äußersten Notfällen Briefträger oder Jogger zerfleischt.

„Sehr gut“, sagte Paul. „Und all dies werden wir schaffen im partnerschaftlichen Umgang mit dem Hund. Noch Fragen?“ Niemand traute sich, also stellte ich als Einziger die wirklich wichtigen Fragen: „Und wie lange dauert das, bis alles sitzt? Zwei Wochen? Drei Wochen? Oder sogar einen Monat?“

Paul sah mich waidwund an. „1 Jahr mindestens“, sagte er dann. „Manchmal länger. Aber der ist ja schlau, Dein Alwin.“

„Alfred!“ murmelte ich.

Alltag mit dem Goldendoodle

11 Mai

Es nervt: Jonathan liegt auf Alfred. Alfred liegt auf Jonathan. Jonathan zieht Alfred. Alfred pickst Jonathan. Jonathan jagt Alfred. Alfred schnappt nach Jonathan. Jonathan schnappt nach Alfred. Jonas schreit, dass Alfred Jonathan zwickt. Jonathan liegt in Alfreds Hundekörbchen. Alfred wirft Jonathan um. Jonathan heult. Papa nimmt Alfred aus der Schußlinie. Jonathan weint. Alfred rasst zurück ins Wohnzimmer und zwickt Jonathan. Jonathan lacht. Alfred legt sich auf den Rücken. Jonathan sitzt auf ihn. Irene schreit, Jonas brüllt nur ich bin die Ruhe selbst, wie es sich für den Ernährer der Familie gehört. Ich schnappe Alfred und gehe mit ihm Gassi.

Man muss permanent hinter den „beiden Kleinen“ her sein. Ansonsten hat Alfred sich eingewöhnt, alle zwei, drei Stunden wird er in den Garten geleitet wo er unter großer Anteilnahme der Familie seine Geschäftchen erledigt. Die Nächte werden länger, heißt, die Pausen zwischen „Lösen“ und Dösen“ werden ausgedehnter. Er kennt seinen Namen, setzt sich prompt, wenn man Sitz sagt und klaut nicht mehr nur Irenes Schuhe sondern auch mit Vorliebe die Schleichtiere von Jonas. Auf diese Weise hat der schon ein Schaf und ein halbes Pferd verloren… „Wir müssen Alfred umtauschen“, sagt Jonas, „bevor er alle meine Tiere frisst…“

Anita hat heute gleich gefragt, wie es Alfred in der Hundeschule ergangen ist. „Naja,“ sage ich, „die sind alle auf ihn los gegangen….“ „Und, hat er sich gewehrt?“ „Am Anfang nicht, später wurde es besser“. „Er braucht unbedingt Kontakt zu Artgenossen“, weiß Anita. Und ich nutze die Chance: “Hast Du keine Idee, mit welchem Hundebesitzer ich mal in Ruhe spazieren gehen könnte?“ Anita stutzt und meint, „warum nicht ich? Wir können ja an der Dreisam spazieren gehen.“ „Tolle Idee“, sage ich, die Vorstellung, dass Anita im kurzen Röckchen mit mir gemütlich durch die Gegend schlendert, hat was. Sie plaudert gerne über Hunde, ihre Augen blitzen, wenn sie von ihrem Schäferhund erzählt, der früher einmal ein Suchhund war und jetzt bei ihr quasi in Rente ist. „Der hat nie spielen dürfen“, sagte sie, „damit er ordentlich arbeiten kann, im Notfall“.

Blöderweise wurden wir bei diesen ernsthaften Gesprächen dauernd gestört von irgendwelchen Ignoranten, die einen Schlüssel für ihren Spind holen wollten oder einen Energydrink orderten. Also – am nächsten Montag hat Anita frei. Und morgen ist wieder Unterricht in der Hundeschule…

Dann gehe ich hinüber zu den Maschinen. 40 Kilo beim Rudern von oben sollten doch endlich mal machbar sein…

Hunde-Zoologie für Anfänger

9 Mai

Heute kam Jonas aus der Schule und sagte: „Papa, Alfred ist gar kein Junge!“
„Wie kommst Du denn darauf?“
„Elena hat gesagt, Jungs heben das Beinchen“!
„Naja“, sagte ich verständnisvoll zu meinem Erstgeborenen, „das macht er,
wenn er in die Pubertät kommt!“
„Aber er hat doch schon mal gepupst!“ greift Jonathan ein, „ich hab’s gesehen!“
Ich wollte nicht wissen, was er da gesehen hat.
„Was ist Puptät?“ wollte Jonas wissen.
„Lernt ihr das nicht in der Schule?“, fragte ich, „Pubertät, Geschlechtsreife,
Schwangerschaften, Wechselbad der Gefühle, Erwachsenwerden, sich finden in der Gesellschaft…“
„Hä?“
„Habt ihr kein Biologieunterricht?“
„Nö!“
Kein Wunder kommen wir bei Pisa so schlecht weg. In der zweiten Klasse sollte
man zumindest ein paar Basics kennen…
„Was lernt ihr denn dann?
„Mathe“, strahlt Jonas. Das war mir allerdings noch nie aufgefallen,

dass sich ein Mitglied meiner Familie ausgerechnet im mathematischen Bereich besonders hervortut.
„Okay“, sage ich, „was ist 1 x 1?“
„1000!“

Mit dem Goldendoodle in der Hundeschule

7 Mai

Der junge Berner Sennenhund kam langsam auf Alfred zu. Alfred zog den Schwanz ein und drehte um. Das war das Zeichen für den Labrador, loszustürmen. Begleitet von einem Golden Retriever und einem dicken Dackel gingen sie auf Alfred los, der fipsend in der Ecke verschwand. So hatte ich mir die Hundeschule nicht vorgestellt. Die dicke Frau, deren Dackel nun loskläffte, meinte nur: „Sind die nicht süüüüß?“ Das fand ich eigentlich nicht. Der Labradorbesitzer grinste, als sein Hund mit Anlauf auf Alfred sprang.

Am Samstag also war Welpenstunde. Ein taffer junger Mann im jägerähnlichen Outfit begrüßte die Neuen – außer mir kam noch ein Mädchen mit einem jungen Golden Retriever neu dazu. Dann gingen wir in ein abgegrenztes Gelände, und Paul der Hundetrainer sagte, dass zuerst Herrchen oder Frauchen durch das Tor gehen müssten, „um das Gelände frei zu geben“. Erst danach durfte Alfred auf den Platz. Erst wollte er gar nicht. Dann lockte ich ihn, dann kam das Kommando „Ableinen“ und dann kam der Berner Sennenhund.

Mittlerweile tobten zwölf Hunde aller Rassen und Größen über die Wiese. Alfred sah nicht glücklich aus. Er war zwar einer der Größten, aber er traute sich nicht so Recht. Glücklicherweise wurden nach 15 Minuten die Hunde getrennt und in zwei separate Bereiche gebracht. „Anleinen“, kam das Kommando. Ich brauchte gar nicht lange, bis ich Alfred eingefangen hatte, kam mir aber ziemlich blöd vor, wie ich vor allen anderen über die Wiese raste und versuchte, meinen etwas verschüchterten Goldendoodle am Halsband zu erwischen. Paul, der Hundetrainer, schaute auch etwas ungläubig.“ Da gibt es ja noch einiges zu tun“, sagte er streng. Dann sollten die Hunde durch einen Tunnel kriechen. Alfred dachte gar nicht daran. „Probiers mit Leckerlie“, meinte Paul der Hundetrainer.  Uupps, dachte ich, und mir fiel ein, dass ich die vergessen hatte. Eine Frau, die mit einem schönen braunen Labrador neben mir stand, gab mir eine Tube. „Probiers damit“, sagte sie, „Leberwurst. Klappt immer“.

Und tatsächlich. Die Leberwurst beruhigte Alfred. Er kam zumindest an und setzte sich. Durch den Tunnel wollte er noch nicht. „Ich könnte ihn ja hineinwerfen,“ sagte ich zu Paul, dem Hundetrainer. „Ist das Dein Ernst?“, fragte er streng.  Danach durften die Hunde wieder etwas toben und dann war die Welpenstunde vorbei. „Schon besser“, meinet Paul der Hundetrainer mit einem Blick auf Alfred. „Er macht schon besser mit. Der ist nicht dumm, Dein Anton.“ „Alfred“, sagte ich.

„Alfred-Nein“

3 Mai

Anita ist da. „Hi,“ sagte ich, so locker wie möglich, „der schreck… äh, der Sven hat gesagt, dass Du Dich mit Hunden auskennst?“. „Ja,“ flötete sie, als sie mir den Schlüssel gab, „warum?. „Wir haben einen Welpen bekommen und eigentlich bin ich der Meinung, dass ich den schon richtig erziehen kann und es keine Hundeschule braucht, was meinst Du?“
„Was ist es denn?“

„Ein Mischling, Papa Retriever, Mama Pudel…“ „Aah, ein Goldendoodle, wie süß. Die sollen ja sehr schlau sein…“
„Ja, das stimmt“, sage ich, „er kaut nur an Dingen, von denen wir jede Menge haben, zum Beispiel an Irenes Schuhen.“ Dass das mehrere Schreianfälle meiner Frau provoziert hat und dass Alfred dadurch von Rang 1 auf Rang 3 in der Familienbeliebtheitsskala abgerutscht ist und jetzt nur noch knapp vor mir liegt, verriet ich nicht.

„Was kann er denn?“

„Nun,“ sagte ich stolz, „jede Menge! Wenn ich im Garten bin und ihn rufe kommt er sofort. Er läuft mir immer hinterher. Das zeigt doch, dass ich eine natürliche Autorität habe, die er unbewusst anerkennt. Ich bin, glaube ich, sehr begabt in der Hundeerziehung…“

Anita sah mich an. „Das macht jeder Welpe. Weil er Angst hat, allein zu sein…“

Naja, dachte ich, ob die sich wirklich gut auskennt.

„Was weiß er denn noch?“ fragte sie.

„Er weiß, dass er Alfred-Nein heißt“, brachte ich einen Hammerwitz. „Alle sagen: Alfred-Nein, die Schwiegermutter, wenn er an ihr hochhopst, der Briefträger, die Freunde von Jonas und Jonathan…“

„Unbedingt Hundeschule“, sagte Anita.

Dann ging sie zu einer jungen Frau, die sich neu anmelden wollte. Vom Laufband her walzte währendessen unaufhaltsam Werner auf mich zu.

„Nicht schlecht“, sagte er und deutete auf den Neuzugang.

„Ist sie Dir nicht ein bisschen zu füllig?“, fragte ich.

„Solange der Busen größer ist als der Bauch ist alles in Ordnung. Eigentlich wollte ich ja gehen, aber vielleicht mache ich noch mal eine Runde, meinte er mit Blick auf die junge Frau.

„Am Dreisamplatz ist eine Art Städtische Hundeschule“, sagte Anita später. „Hier ist die Nummer. Wie alt ist der Doodle denn?“

„Erst 13 Wochen“.

„Erst? Das ist ja schon reichlich spät. Der muss so schnell wie möglich andere Hunde kennen lernen…“

Irgendwo hatte ich das ja schon mal gehört – ahja, von meiner besserwisserischen Schwester.

Naja, also gut. Dann komme ich wohl nicht um die Hundeschule herum. Obwohl ich immer noch denke, man kann einen Welpen auch ohne Hundeschule zu einem ordentlichen Hund machen. Allerdings, das Argument, dass er seinesgleichen kennenlernen muss, ist vielleicht gar nicht so verkehrt…